Projektwoche 2017

[10.07.2017]  Meldung

Anfang 2017 wurden viele Vorschläge und Ideen für die Gestaltung des Jubiläumsjahres gesammelt. Festakt, Hoffest … und natürlich darf eine Projektwoche nicht fehlen. Denn die Projektwoche gibt es bereits seit Jahren in Camphill Alt-Schönow.

Ziel ist stets: Alle in Alt-Schönow lebenden und arbeitenden Menschen einzuladen, sich losgelöst von den üblichen Abläufen und Gruppenzusammenhängen zu begegnen, gemeinsam etwas in geselliger Runde zu erarbeiten und auszuprobieren und das Ganze einfach mit viel Freude und Spaß zu erleben. Jedes Jahr auf`s Neue wird überlegt, wie diese Idee umgesetzt werden kann. In diesem Jahr kristallisierte sich schnell heraus, dass es schön wäre, wenn wir mit Schauspiel arbeiten könnten. Weniger Einzelaktionen, mehr Arbeit auf ein Ganzes hin.

 

 

In allen Bereichen bzw. Gremien (Wohngruppen, Bürgerversammlung, Verwaltung, Arbeitsbereich, Morgenkreis, Hauswirtschaft, Garten) wurde gefragt, welches Stück wir denn zusammen einstudieren könnten. Ganz schnell waren wir beim Oberthema Märchen angelangt. Beim Sammeln der Vorschläge fiel auf, dass es sich vorrangig um die Märchen der Gebrüder Grimm drehte. Von ca. 20 Märchen kamen dann sieben in die engere Auswahl. Dann war noch einmal jeder Bereich bzw. jedes Gremium gefragt, aus den sieben drei auszuwählen. Parallel dazu fanden sich mehr und mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich bereiterklärten, bei der Umsetzung des Projektes im Besonderen mitzuwirken. Auch fanden wir in Diana Körn eine Theater- und Tanzpädagogin (zudem von Hause aus Dipl. Heilpädagogin), die bereit war, mit uns eine Woche lang das Märchen einzustudieren. Von den drei Märchen war der klare Favorit: Aschenputtel! Ein Märchen also, das wirklich jeder kannte und wir uns im Rahmen der Projektwoche in den Gruppen: Musik, Requisite und Kostüme, Bühnenbild und Schauspiel in seiner Vielschichtigkeit erarbeiten wollten.

In der Projektwoche selbst sollte alles so ablaufen, dass eine Urlaubsstimmung entstehen kann. Begonnen wurde nicht vor 9:30 Uhr. Mittags konnte, wer wollte, länger schlafen. Es wurde von unseren Küchenfeen für uns alle gekocht, serviert wurde auf dem Platz unter dem Ahorn. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung hatten die ganze Vor- und Nachbereitung des Mittagessens im Griff. Welch ein Schmaus, welch ein Service. An den Vormittagen wurde gebastelt, Musik einstudiert, gemalt, genäht und geprobt. An den Nachmittagen gab es bunte, genüssliche, kreative und bewegliche Aktionen, wie Tanztee unter dem Ahorn, Grillen, Fußballspiel und Kuchenbackwettbewerb. Ein besonderes Highlight war die Kuchenprämierung am Mittwochnachmittag. Alle fleißigen Bäckerinnen und Bäcker der ganzen wundervollen Kreationen kamen zusammen und natürlich auch die zukünftigen Genießerinnen und Genießer. Zuvor war ein kleines Team (das sogenannte Kuchenteam), ausgestattet mit Spezialschürze, Spezialausweis und Fragebogen, in jede Backstube gegangen und schaute zu, wie die Kuchenköstlichkeiten entstanden sind. Urkunden gab’s für jeden Kuchen, die Kategorien waren vielfältig und originell (z.B. „fix und effektiv“, „Bioprunk“, „Gruppenarbeit“, „lecker“…) und wurden unter tosendem Beifall vergeben. Ebenso begeistert wurde anschließend gegessen.

Wichtig, wie immer, waren auch der alljährliche Platzputz und die allgemeine Hoffestvorbereitung. Mit Lieblingsmusik im Hintergrund (deutsche Rock- und Popmusik) wurde das Gelände gefegt, geharkt, Unkraut entfernt, Bänke gestellt und vieles mehr.
Am Freitagnachmittag war es dann soweit. Nach vielen gemeinsamen Begegnungen, Arbeiten, Proben, Malen, Musizieren, Nähen und Fertigen, Tanzen, Putzen und Essen trafen sich alle im Gemeinschaftshaus und sahen die Aufführung von Aschenputtel. Eine große Gruppe spielte in den nun fertig gestellten Kostümen auf der gestalteten Bühne und eine weitere große Gruppe begleitete das Stück mit Musik und Akustik. Dies war sicherlich ein ganz besonderer Abschluss für die gemeinsam verbrachte Zeit. Tosender Applaus folgte für jede einzelne Aktion in dieser Woche.

So ging eine besondere Zeit zu Ende, die in vielen Fotos erfasst wurde und durch die erneute Aufführung zum Hoffest sicherlich vielen, vielen Menschen in Erinnerung bleiben wird.

 

 

Schauspielgruppe: Unser Aschenputtel

Was ich in dieser Woche erleben durfte, hat mich tief im Herzen bewegt. So viele, bunte und verschiedene Menschen, alle arbeiteten an einem Thema – manche im Hintergrund, andere im Vordergrund. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, mit euch UNSERE Vision vom „Aschenputtel“ zu erzählen. Zahlreiche Ideen der vier Gruppen wurden eingefädelt, aufgemalt, gesummt und gesungen, erspielt, verworfen, neu erfunden und dann fein miteinander abgestimmt. Und am Ende fügte es sich zu einem Gemeinschaftswerk zusammen. Dieses haben dann die Schauspielerinnen, Schauspieler und die Musizierenden mit viel Energie auf der großen Bühne gespielt – „Unser Aschenputtel“.

In der Vorbesprechung hatte ich eine Ahnung, was in so einem großen Rahmen möglich sein könnte. Doch meine Erwartungen wurden weit übertroffen. Vielen Dank für das Vertrauen, die Konzentration und das tatkräftige (Er)Schaffen.

Diana Körn,
Theater-
pädagogin

Märchenstimmung in der Kostüme- und Requisitengruppe

Damit Aschenputtel auch wie Aschenputtel aussieht und zum Ball königlich geschmückt ist, gab es die Requisiten- und Kostümegruppe. Aber auch alle anderen Mitspielerinnen und Mitspieler brauchten Kleidung, denn zum Theaterspielen gehört auch das Verkleiden. So fanden sich viele fleißige Hände und Köpfe in der Weberei zusammen, überlegten, bastelten, nähten und reihten viele bunte Perlen zu schönen Ketten. Natürlich musste alles glänzen und glitzern, denn aus Aschenputtel sollte ja eine Königin werden. Doch auch die garstigen Stiefschwestern wollten sich herausputzen. So entstanden goldene Kronen mit Edelsteinen verziert.

Diese Edelsteine waren so unwiderstehlich, dass sie kurzzeitig auch auf der Stirn der Requisitengruppe zu bewundern waren. Der Höhepunkt wurde die Suche nach dem legendären passenden bzw. nicht passenden goldenen Schuh. An dem schließlich noch nachvergoldet werden musste. Nicht zu vergessen, das Einfangen der schönen Tauben. Und weil wir nicht mehr so schnell zu bremsen waren, entstanden am Ende noch meterlange Kordeln, die bestimmt ganz bald beim nächsten Theater gebraucht werden.

Musikgruppe

„Gurr, Gurr, Gurr!“, hallte es durch die Remise. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Musikgruppe gurrten und probierten sich daran aus, wie eine Taube klingt. Dazu raschelten alle lautstark mit Papierblättern, um den Flügelschlag der Tauben zu imitieren.

Ungefähr zwölf Bewohnerinnen und Bewohner und vier Betreuerinnen und Betreuer haben sich während der Projektwoche zur Musikgruppe zusammen gefunden und erarbeiteten gemeinsam einen „Soundtrack“ – die musikalische Untermalung – für das Theaterstück Aschenputtel. Mit Improvisation und Experimentierfreude, Kreativität und ganz ganz viel Spaß fanden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach und nach Klänge und Melodien, die zu den Textstellen passten. Zu Beginn der Woche waren alle noch etwas unsicher: Was wird von der Theatergruppe erwartet? Wer kann sich wie einbringen? Wie funktioniert diese zusammengewürfelte Truppe gemeinsam? Finden wir einen gemeinsamen „Groove“?

Während einer ersten musikalischen Improvisation mit Trommeln, Klanghölzern, Leiern, Gitarre usw., bei dem alle Freiheiten gelassen wurden und alle sich mit ihren Impulsen einbringen konnten, hatte die Gruppe die Möglichkeit, sich besser kennenzulernen: Wer tritt dabei wie in Erscheinung? Manche hieben zugleich lautstark auf die Trommeln ein, andere warteten lange auf ihren Moment und spielten dann z.B. still und doch bestimmt die Triangel. Andere hörten wiederum lieber erst mal zu. So konnten wir über den Spaß an der Musik schnell zueinander finden. Danach brauchten alle erst mal eine Pause mit Apfelsaft und Keksen.

Nach der Improvisation etablierten wir gemeinsam die „Märchen-Stunde“. Dabei las jeden Tag jemand anderes das Märchen „Aschenputtel“ im großen Märchen-Sessel vor, wobei wir nach und nach die gefundenen Lieder, Melodien und Geräusche an den passenden Stellen integrierten, sodass bis zum letzten Tag der Projektwoche eine Art „Hörspiel-Märchen“ entstand, was auch schon alleine hätte aufgeführt werden können; so jedenfalls die begeisterte Meinung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

Besonders viel Spaß gemacht hat es uns, herauszufinden, an welchen Stellen welche musikalische Untermalung passend erscheint. Wie klingt z.B. ein zauberhafter Moment, wenn Aschenputtel zum ersten Mal den Schuh anzieht? Wie klingt die Aufgeregtheit der bösen Stiefschwestern? Wie die Trauer Aschenputtels am Grab der Mutter? Und wie hört sich die Kraft der Liebe an? Nach und nach fanden wir dafür Klänge und Lieder und dabei konnten sich alle mit großer Freude und Kreativität einbringen.

Was wir gemeinsam als besondere Herausforderung erlebt haben, ist gleichsam einen organisatorischen Rahmen und eine Struktur zu entwickeln, die allen ermöglicht, sich sicher wohlzufühlen, zu orientieren, zugleich aber genug Freiraum zu lassen, damit Kreativität entstehen und schöpferischen Impulsen der Bewohnerinnen und Bewohner Raum gegeben werden kann. Letztlich ist beides wichtig – Struktur und Freiraum – damit künstlerische Arbeit in der Gruppe gelingen kann. Gerade in dieser Hinsicht war die Woche für die Leitenden sehr interessant und lehrreich.

Insgesamt hatten alle viel Spaß und eine gute Zeit und waren sehr zufrieden mit der Projektwoche. Die Aufführung vor so einem großen Publikum im Saal beim Hoffest stellte für viele eine weitere Besonderheit dar und war ein schöner und gelungener Abschluss für unsere Gruppe.